Die Benutzung interaktiver Anwendungen in Präsenzveranstaltungen – Bericht eines Anfangs Online-Symposium »Rechtsdidaktik – Was wissen wir darüber; was wirkt?«

Die Didaktik der Rechtswissenschaft ist ein stetig wachsendes Forschungsgebiet im Spannungsfeld von allmählicher wissenschaftlicher Durchdringung und teils hitziger Reformdiskussion. Dafür sind belastbare empirische Erkenntnisse besonders wichtig, um beurteilen zu können, welche didaktischen Innovationen hilfreich sind, wo Verbesserungspotentiale bestehen und wie die juristische Ausbildung wirklich „funktioniert“. Ein R|E Online-Symposium widmet sich diesen Fragen und lässt im Verlauf mehrerer Monate Wissenschaftler:innen aller Karrierestufen zu Wort kommen. (Red.)

Die Interaktion mit Studierenden stellt einen wichtigen Aspekt einer Präsenzveranstaltung dar. Wer kennt jedoch nicht – als Student oder als Dozent – jene eine Studierende, die sich immer als Einzige “opfert”, um eine Frage zu beantworten? Die aktive Teilnahme aller Studierenden in einer Lehrveranstaltung ist sowohl für eine gute Lehre als auch für ein effektives Lernen von großer Bedeutung, auch nach der Corona-Pandemie und der Wiederaufnahme von Präsenzveranstaltungen. Um die Interaktion aller Studierenden zu fördern und die Aktivierung von passiven Zuhörern zu unterstützen (zu Letzteren, vgl. Guthrie/Carlin, AMCIS 2004 Proceedings 358, 2952), stehen heutzutage zahlreiche digitale Anwendungen zur Verfügung.

Diverse Anbieter haben pädagogische Tools entwickelt, um die Lernmotivation hauptsächlich von Schülerinnen und Schülern, aber auch von Studierenden, zu steigern. Solche digitalen interaktiven Anwendungen sind unter dem Begriff Classroom Response Systems (CRS) bekannt (vgl. Czerny, ZDRW 2020, 326). Beispiele hierfür sind Kahoot! oder AhaSlides. Diese Anwendungen bieten verschiedene Lizenzmodelle an, die sich an der möglichen Teilnehmerzahl orientieren. Zum Beispiel ermöglicht die kostenlose Version von AhaSlides die Teilnahme von bis zu 7 Teilnehmenden. Ein jährliches Abonnement, das die Teilnahme von bis zu 200 Teilnehmenden ermöglicht, kostet etwa 10€ im Monat (näher zu den Preisen hier).

Diese Anwendungen setzen auf eine spielerische Gestaltung von Übungen (vgl. zur Effizienz solcher Unterrichtsgestaltungen Roediger/Agarwal/McDaniel/McDermott, Journal of Experimental Psychology Applied 2011, 382). Die didaktischen Vor- und Nachteile sowie die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten von CRS in der juristischen Lehre, insbesondere anlässlich der Corona-Pandemie, wurden bereits von Czerny ausgearbeitet (Czerny, ZDRW 2020, 326). Im folgenden Beitrag sollen daher erste Erfahrungen des Autors spezifisch mit AhaSlides bei kleinen Gruppen dargestellt werden und auf die Evaluation des Einsatzes von AhaSlides in Präsenzveranstaltungen eingegangen werden. Der Beitrag soll auch als Anstoß dienen, diese Tools auszuprobieren und anzuwenden.

A. Einführung

I. AhaSlides: Grundsätze

AhaSlides ermöglicht das Erstellen verschiedener Übungen, die entweder direkt in eine PowerPoint-Präsentation eingebettet oder im Browser angezeigt werden können. Die Studierenden können sich durch Scannen eines QR-Codes oder nach Angabe eines kurzen Links anmelden und sich gegebenenfalls einen Namen geben. Die Übungen werden sowohl auf der Leinwand als auch auf den Endgeräten der Studierenden (Smartphones) zeitgleich angezeigt. Hierfür ist keine zusätzliche Endanwendung (App) für die Studierenden erforderlich.

Die Studierenden können die Übungen innerhalb eines im Voraus definierten Zeitraums auf ihrem Endgerät bearbeiten und ihre Lösungen einreichen. Am Ende des Zeitraums (oder nach vorzeitiger Beendigung durch den Dozenten bzw. nach automatischer Beendigung, wenn alle angemeldeten Studierende geantwortet haben) werden die Antworten aller Studierenden anonym dargestellt, zum Beispiel als Balken- oder Kreisdiagramm, und gegebenenfalls die richtige Antwort angezeigt. Zudem wird auf dem Endgerät der Studierenden die richtige Antwort angezeigt, sodass nur er oder sie sehen kann, ob die Frage jeweils richtig oder falsch beantwortet wurde. Es ist auch möglich, die Antwort direkt auf der Leinwand anzuzeigen.

AhaSlides bietet außerdem die Möglichkeit, Punkte für richtige Antworten zu vergeben, eine Ergebnistabelle zu erstellen und auf vordefinierte Emojis als Reaktion zurückzugreifen. Diese Funktionen können bei Bedarf ein- oder ausgeschaltet werden.

II. Mögliche Übungen

Vordefinierte Übungen können ausgewählt und einfach zur Präsentation hinzugefügt werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, darunter Umfragen, bei denen nach der Meinung der Studierenden gefragt wird und keine richtige Antwort existiert. Weiterhin bietet AhaSlides die Option, Quizze mit Einzel- oder Mehrfachauswahl (Single- oder Multiple Choice) oder eine Wortwolke zu erstellen.

Andere Bausteine ermöglichen es den Studierenden, Antworten oder Ideen selbst zu schreiben. Schließlich können die Studierenden auch aufgefordert werden, Aussagen miteinander zu assoziieren oder in die richtige Reihenfolge zu bringen. AhaSlides bietet somit vielfältige Möglichkeiten, um die Inklusion aller anwesenden Studierenden und Interaktion mit den Teilnehmenden zu fördern und eine abwechslungsreiche Präsentation zu gestalten.

III. Konkreter Einsatz

Dieser Beitrag betrachtet konkret die Verwendung von AhaSlides im Wintersemester 2022/2023 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel für die Veranstaltung „Fachspezifische Fremdsprachenausbildung Französisch“ (Rechtsterminologie) sowie im Sommersemester 2023 an der Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br. für die Arbeitsgemeinschaft Schuldrecht Allgemeiner Teil. In beiden Fällen handelte es sich um Veranstaltungen mit kleinen Gruppen (ca. 6 bis 8 regelmäßig Teilnehmende).

Quizze eignen sich besonders gut, um das Wissen der vorherigen Sitzung zu wiederholen oder den angesprochenen Lehrinhalt zu memorisieren, zum Beispiel anhand von „Mini-Fällen“. Aktive Mitwirkung durch Multiple-Choice-Wiederholungen am Anfang der Lehrveranstaltung können einen gelungenen Start der Veranstaltung ermöglichen.

Wortwolken eignen sich auch gut, um ein „Brainstorming“ durchzuführen. So können Studierende am Anfang eines Falles die verschiedenen möglichen Anspruchsgrundlagen überlegen und kommunizieren. Anhand der verschiedenen angezeigten Antworten kann dazu eine Diskussion entstehen. Dadurch kann die Diskussion dank der Anonymität der Antworten mit allen Studierenden stattfinden und es handelt sich nicht mehr nur um einen bloßen Dialog mit der antwortenden Person.

Paar-Assoziation kann als Übung für das Lernen der Fachterminologie genutzt werden. So können bei fremdsprachlicher Rechtsterminologie die Begriffe auf Deutsch und in der Fremdsprache assoziiert werden. Für niedrigere Semester eignet sich diese Übung auch zum Erlernen von Fachbegriffen, die je nach Anspruchsgrundlage variieren, zum Beispiel im Zivilrecht zwischen Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfe.

Ähnlich kann die Übung „Richtige Reihenfolge“ eingesetzt werden, insbesondere für das Erlernen von methodischen Fähigkeiten. So kann die Methode der Fallbearbeitung in den niedrigeren Semestern (z. B. die Reihenfolge der Prüfung einer Anspruchsgrundlage) sowie in den höheren Semestern (z. B. das Memorieren des Prüfungsschemas einer spezifischen Anspruchsgrundlage) erlernt und wiederholt werden.

Schließlich können Umfragen genutzt werden, um Auslegungsprobleme bei einer Falllösung anzusprechen. So können die Studierenden beispielsweise befragt werden, ob es sich bei einer Leistung um eine Gattungs- oder eine Stückschuld handelt oder ob ein Protagonist des Falles als Erfüllungsgehilfe gemäß § 278 BGB qualifiziert werden kann.

Solche Übungen haben selbstverständlich nicht den Anspruch, das wichtige Bearbeiten von Fällen in der Rechtswissenschaft zu ersetzen, sondern dienen als Ergänzung herkömmlicher Methoden.

B. Evaluationsergebnisse

Die Meinung von Studierenden bezüglich solcher neuen Lehr- und Lernmethoden ist ebenfalls wichtig. Daher wurden in den beiden oben genannten Veranstaltungen eigene Evaluationen zum Einsatz von AhaSlides durchgeführt.

Für die Evaluation wurde die Webseite Lamapoll genutzt. Es wurden 13 Fragen gestellt. Bei den Fragen konnten die Studierenden entweder zwischen verschiedenen Optionen wählen (Ja/Nein oder Auswahl einer bestimmten Aussage) oder eine Note zwischen eins und fünf Sternen vergeben. Ein Stern entspricht hierbei einer völligen Ablehnung der Aussage, während fünf Sterne eine vollständige Zustimmung derselben Aussage ausdrücken. Soweit es sich um eine solche Bewertungsaufgabe handelt, werden im Folgenden die Ergebnisse der Lesbarkeit halber als Mittelwerte dargestellt. Die ausführlichen Daten stehen in einem Repositorium zur Verfügung.

Insgesamt haben 12 Studierende teilgenommen, wobei zwei Studierende nach der 10. Frage die Beantwortung weiterer Fragen abgebrochen haben. Die geringe Anzahl an Antworten lässt sich dadurch erklären, dass die evaluierten Veranstaltungen mit kleinen Gruppen durchgeführt wurden (s. o.). Zwar decken sich an vielen Stellen die Ergebnisse der hier besprochenen Evaluation mit den bisherigen Erkenntnissen beim Einsatz von CRS (vgl. statt aller Czerny, ZDRW 2020, 326, mwN). Aufgrund der geringen Anzahl an Befragten sind die folgenden Ausführungen jedoch mit entsprechend eingeschränkter Aussagekraft zu behandeln. Insofern sind diese Ergebnisse hauptsächlich aus zwei Perspektiven interessant:

Erstens, um die Benutzung und die Effektivität spezifisch von AhaSlides auch bei kleinen bis zu sehr kleinen Gruppen zu evaluieren. Die aktive Teilnahme von Studierenden in Gruppen solcher Größe ist genauso eine Herausforderung wie bei größeren Gruppen (vgl. Czerny, ZDRW 2020, 326). Solche Lehrveranstaltungen mit geringer Teilnehmerzahl sind erfahrungsgemäß typisch für die Vermittlung von juristischer Terminologie in Fremdsprachen (außer Englisch) und in Einzelfällen, je nach Regelung der Präsenzpflicht, bei Arbeitsgemeinschaften.

Zweitens ist diese Evaluation als Rückblick auf einen ersten didaktischen Versuch und als eine Orientierung für den konkreten Einsatz von AhaSlides zu verstehen. Der Beitrag soll daher ermutigen, weiterhin solche (für die Lehrenden möglicherweise bisher unbekannte) Tools auszuprobieren und anzuwenden. Insbesondere die Benutzung mit deutlich größeren Gruppen (vor allem bei einer Vorlesung, zum Beispiel im Grundlagenfach) sollte die Erkenntnisse der Benutzung von CRS und insbesondere von AhaSlides ergänzen.

I. Auswahl der Übungen

Zunächst wurden die Übungsart sowie der Zeitraum, der für die Lösung der Übungen zur Verfügung stand, evaluiert.

1. Übungsart: Am besten Quiz

Zu der Frage, welche Übungsart sie am hilfreichsten empfinden, bevorzugen Studierende eindeutig Quizze und Umfragen (durchschnittliche Antwort im oberen Bereich „zutreffend“). Diese Übungen haben den Vorteil der Einfachheit – sowohl für den Dozenten als auch für die Studierenden. Etwas weniger Zuspruch erhalten die Übungen „Richtige Reihenfolge“ und „Paare assoziieren“ (durchschnittliche Antwort im unteren Bereich „zutreffend“). Die Nützlichkeit der Übung Wortwolke wird von den Studierenden durchschnittlich als neutral bewertet.

Zudem ist festzustellen, dass genau zwei Drittel der Studierenden lieber die Antworten ihrer Kommilitonen erst am Ende der Bearbeitungszeit sehen möchte. Eine solche Anzeige hat auch pädagogische Vorteile. Sie verhindert, dass Studierende eine Antwort angeben, nur weil sie bereits die Mehrheit der anderen Stimmen erhalten hat und hierdurch beeinflusst werden (s. auch Nicol/Boyle, Studies in Higher Education 2003, 457, 472; Czerny, ZDRW 2020, 326, 329).

2. Übungszeit: lieber dynamisch als langatmig

Bei der Erstellung einer Übung ist es möglich, eine maximale Bearbeitungszeit festzusetzen. Haben alle angemeldeten Studierende geantwortet, wird die Bearbeitungszeit automatisch beendet. Eine zu knappe Bearbeitungszeit führt zu einer Überforderung der Studierenden, während eine zu lange Bearbeitungszeit zu Langeweile und mangelnder Konzentration führen kann. Bei der hier besprochenen Übung wurde eine Zeit zwischen 1 bis 2 Minuten festgesetzt.

Die Hälfte der Studierenden haben diese Zeit als zu lang bewertet. Die andere Hälfte bewertete die Bearbeitungszeit als genau richtig. Keine Studierende hat die Bearbeitungszeit als zu kurz empfunden. Daher kann ohne große Bedenken eine kürzere Bearbeitungszeit (eher zwischen 30 Sekunden und 1 Minute) festgelegt werden, wenn die Übung eine kurz formulierte oder einfache Frage beinhaltet.

II. Didaktische Einsatzzwecke: Memorieren, Konkretisieren und Wiederholen

Die aktive Teilnahme an der Lehrveranstaltung soll den Lernprozess fördern. Daher wurden die Studierenden gefragt, welche Auswirkung AhaSlides auf ihren Wissenserwerb hat. Die Teilnehmenden wurden zunächst befragt, zu welchen Zwecken der Einsatz von AhaSlides ihrer Ansicht nach generell geeignet ist und wie sich AhaSlides folglich auf ihren persönlichen Wissenserwerb ausgewirkt hat.

Die Hälfte der Studierenden bewertet AhaSlides für das Memorieren von Wissen während der Veranstaltung als geeignet. Alle Teilnehmenden bestätigen sogar die Aussage, dass AhaSlides ihnen persönlich geholfen hat, die Lerninhalte zu memorieren.

Das Memorieren und das Erlernen von Wissen erfolgen auch durch das praktische Einsetzen und die Konkretisierung von abstrakten Begriffen, zum Beispiel durch „Mini-Fälle“ (s. auch für einen Beispiel Czerny, ZDRW 2020, 326, 333). 58% des Studierenden bewerten AhaSlides generell als geeignet für Übungen und den praktischen Einsatz von Lerninhalten. Im Durchschnitt stimmen die Studierenden sogar der Aussage zu, dass AhaSlides ihnen persönlich geholfen hat, Lerninhalte zu konkretisieren und praktisch in herkömmlichen Übungen einzusetzen.

Eine Diskrepanz zwischen der Meinung der Studierenden zum abstrakten Einsatz von AhaSlides und deren Empfinden des konkreten Nutzens im persönlichen Fall lässt sich feststellen. Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Vorlieben der Studierenden dazu führen, dass sie AhaSlides nicht hauptsächlich für diese Zwecke nutzen möchten. Dennoch bliebe die tatsächliche Effizienz von AhaSlides (jedenfalls ihre Wahrnehmung) hiervon unberührt. Weitere Evaluationen, insbesondere bei größeren Gruppen, sollten hier durchgeführt werden, um die Daten zu bestätigen und gegebenenfalls zu verfeinern.

Ferner wird die Eignung von AhaSlides für die Wiederholung bereits angesprochener bzw. gelernter Inhalte von 91,67% der Teilnehmenden bejaht. Die Vorliebe der Studierenden für Wiederholungsfragen am Anfang einer Lehrveranstaltung mittels CRS (vgl. Zoyke/Beutner/Herrmann/Kundisch/Magenheim/Neugebauer, Das Hochschulwesen 2017, 48, 50) oder anhand von analogen Fragebögen (vgl. Bock, ZJS 2009, 222, 224–225) ist bereits bekannt. AhaSlides ist also ein gutes Mittel, solche Wiederholungsfragen digital zu gestalten.

Der Einsatz von CRS – und spezifisch von AhaSlides – ermöglicht es auch den Dozierenden sich in jeder dieser Lehr- und Lernphasen ein Gesamtbild vom Wissensstand der Studierenden zu bilden. Die digitale Beteiligung aller Studierenden verhindert, dass „die Illusion hervor[ge]rufen [wird], der Großteil des Auditoriums hätte den bereits behandelten Stoff verstanden“ (Czerny, ZDRW 2020, 326, 330). Dieser Aspekt ist nicht zu unterschätzen (vgl. Czerny, ZDRW 2020, 326, 329; s. auch Draper/Brown, Journal of Computer Assisted Learning 2004, 81, 86; Boyle/Nicol, Research in Learning Technology 2003, 43, 52).

III. Erhöhte aktive Beteiligung und Inklusion durch die Anonymität der Antworten

Die Anonymität einer Antwort spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Beteiligung von Studierenden an Fragen und Übungen. Die Befürchtung, von den Kommilitonen (oder gar vom Dozenten) beurteilt zu werden, weil man eine falsche Antwort gibt, wird durch die Anonymisierung der Antworten verstärkt beseitigt. Die Erläuterungen einer Lösung sind nicht mehr auf die Antwort einer individuellen Person gerichtet. Dieser Aspekt der Anonymität der Antworten wird regelmäßig als einer der wichtigsten Vorteile der Nutzung von CRS bei Lehrveranstaltungen betrachtet (s. bspw. Draper/Brown, Journal of Computer Assisted Learning 2004, 81, 86; Guthrie/Carlin, AMCIS 2004 Proceedings 358, 2952, 2956). So können auch die schüchternen Studierenden inkludiert und aktiviert werden (s. auch Czerny, ZDRW 2020, 326, 329).

Die befragten Studierenden bejahen daher erwartungsgemäß zu 91% die Aussage, dass die Anonymität der Antworten von Vorteil ist. Die Anonymität führt allerdings dazu, dass die Studierenden im Durchschnitt der Aussage zustimmen, dass sie eine Frage lieber mittels AhaSlides beantworten, anstatt sich mündlich zu melden. Diese Erkenntnis wurde bereits von Guthrie/Calinals ein möglicher negativer Aspekt des Einsatzes von CRS erkannt (Guthrie/Carlin, AMCIS 2004 Proceedings 358, 2952, 2957; s. mit einem ähnlichen Ergebnis der Evaluation Draper/Brown, Journal of Computer Assisted Learning 2004, 81, 89 f.). Die mündliche Diskussion bleibt wichtig. Daher sollte beim Einsatz von CRS darauf geachtet werden, dass die Gelegenheit solcher Diskussion stets gegeben ist.

Da sich die CRS tendenziell positiv auf die Diskussionsbereitschaft der Studierenden auswirken (s. statt aller mwN. Czerny, ZDRW 2020, 326, 329), ist die Besprechung der Ergebnisse mit den Studierenden  eine Möglichkeit, eine Diskussion anzuregen (vgl. zur Beliebtheit bei Studierenden und zur Wirksamkeit solcher Besprechungen Zoyke/Beutner/Herrmann/Kundisch/Magenheim/Neugebauer, Das Hochschulwesen 2017, 48, 51).

IV. Erhöhtes Interesse an der Lehrveranstaltung

Der Einsatz von CRS und spezifisch hier von AhaSlides wirkt sich positiv auf das Interesse der Studierende für die Lehrveranstaltung aus. Zwar sind die Studierenden im Durchschnitt nicht der Meinung, dass der Einsatz von AhaSlides ein Grund dafür ist, dass sie regelmäßig die Lehrveranstaltung besuchen. Jedoch stimmen sie im Durchschnitt der Aussage zu, dass der Einsatz von AhaSlides ihr Interesse an der Lehrveranstaltung insgesamt gesteigert hat. Neben den bereits dargestellten positiven Aspekten des Einsatzes von AhaSlides gibt es weitere mögliche Erklärungen für dieses gesteigerte Interesse.

1. Erhöhtes Interesse durch gesteigertes Gefühl der Einbeziehung

Das Gefühl, während einer Veranstaltung durch Fragen und Übungen angesprochen zu werden, ist für die Studierenden ein wichtiger Aspekt des Einsatzes von CRS (vgl. Draper/Brown, Journal of Computer Assisted Learning 2004, 81, 89). So stimmen auch hier im Durchschnitt die Studierenden der Aussage zu, dass sie sich durch AhaSlides stärker von einer Frage angesprochen fühlen.

Dieses Ergebnis ist durch die Verwendung der persönlichen Endgeräte der Studierenden nachvollziehbar. Durch die Anzeige der Frage auf dem persönlichen Endgerät wird der Studierende unmittelbar angesprochen. Die Frage richtet sich dann nicht mehr an eine gesichtslose Gruppe und die Studierenden sehen sich nicht mehr als passiven Zuhörer oder Zuschauerin sondern als aktiven Teilnehmenden, die nach ihrer persönlichen Meinung gefragt werden (so auch Czerny, ZDRW 2020, 326, 331; bereits Draper/Brown, Journal of Computer Assisted Learning 2004, 81, 89).

2. Erhöhtes Interesse durch verbesserte Stimmung im Arbeitsgemeinschaftsraum

Die Studierende wurden außerdem befragt, ob der Einsatz von AhaSlides die allgemeine Stimmung verbessert hat. Im Durchschnitt stimmen die Teilnehmenden dieser Aussage zu. Dies kann ein weiterer Effekt der Anonymität der Antworten sein, da die Fragen von der etwaigen Angst einer falschen Antwort befreit sind (s. o.). Zudem werden solche digitalen interaktiven Tools häufig von den Studierenden als spielerisch wahrgenommen (s. statt aller Draper/Brown, Journal of Computer Assisted Learning 2004, 81, 86).

Im Durchschnitt bewerten zudem die Studierenden die Auswirkung von AhaSlides auf der Interaktionsebene zwischen den Studierenden und dem Dozenten als positiv. Hingegen bewerten die Studierenden die Auswirkung von AhaSlides auf die Interaktionsebene mit den anderen Studierenden im Durchschnitt als neutral. Die Rolle der Bekanntschaft der Studierenden untereinander auf die Interaktion zwischen Studierenden erscheint also nicht wesentlich vom Einsatz von CRS beeinflusst zu werden (so auch Zoyke/Beutner/Herrmann/Kundisch/Magenheim/Neugebauer, Das Hochschulwesen 2017, 48, 51).

3. Keine erkennbar negative Auswirkung auf die Konzentration

Eine potenzielle Gefahr der aufgeforderten Benutzung von Smartphones während der Lehrveranstaltung könnte in der Ablenkung der Studierenden bestehen. Allerdings gibt es bisher kein Beleg dafür, dass der Einsatz von CRS eine ungewöhnlich erhöhte Benutzung von Smartphones durch die Studierende verursachen würde (vgl. Czerny, ZDRW 2020, 326, 337).

Vielmehr stimmen die befragten Studierende im Durchschnitt der Aussage zu, AhaSlides habe ihr Konzentrationsvermögen verbessert. Dieses Ergebnis findet sich auch in anderen Studien zum Einsatz von CRS (vgl. z. B. Boyle/Nicol, Research in Learning Technology 2003, 43, 51; Czerny, ZDRW 2020, 326, 329). Diese Erkenntnis ist insofern durch das bereits angesprochene erhöhte Gefühl der Einbeziehung und die Verabschiedung vom passiven Zuhören nachvollziehbar. Zudem fördert die Abwechslung zwischen klassischen Lehrphasen und digital interaktiven Übungen die Konzentration. Ein Einsatz von Übungen mittels AhaSlides mindestens jede Viertelstunde erscheint daher sinnvoll (vgl. Brauer, An der Hochschule lehren, Berlin 2014, S. 9, 58.).

V. Wunsch der Studierenden nach neuen Lehr- und Lernmethoden

Vor Beginn der evaluierten Lehrveranstaltungen kannten 91,67% der Studierenden AhaSlides nicht. Nach einem Semester wünschen sich die Studierende im Durchschnitt, dass mehr Dozenten AhaSlides verwenden. Dieses Ergebnis ist konsequent mit der insgesamt positiven Beurteilung des Einsatzes von AhaSlides und den bereits dargestellten evaluierten Aspekten. Im Durchschnitt bewerten die Studierenden die Initiative des Dozenten, AhaSlides einzusetzen, als gut.

Kritisch zu hinterfragen ist, inwiefern die Studierenden von einem Neuigkeitseffekt beeinflusst werden können. Allerdings wird in der Literatur die Rolle des Neuigkeitseffekts bestritten. Einerseits existiert zwar ein Neuigkeitseffekt beim Einsatz von CRS. Dieser dauert jedoch laut Draper/Brown nur zwischen 5 und 50 Minuten (Draper/Brown, Journal of Computer Assisted Learning 2004, 81, 89). Andererseits bewerten die Studierenden den Einsatz von unbekannten CRS am Anfang tendenziell eher kritisch oder skeptisch (vgl. Czerny, ZDRW 2020, 326, 337; Draper/Brown, Journal of Computer Assisted Learning 2004, 81, 89). Hier sollte die Bewertung des Einsatzes von CRS durch Studierende über mehrere Semester hinweg untersucht werden.

VI. Ergebnis: Positive Bilanz eines Anfangs

Zusammenfassend ist der Einsatz von AhaSlides positiv zu bewerten. Die Studierenden haben diese neue Anwendung weitgehend positiv und schnell angenommen. Interaktive Anwendungen in Präsenzveranstaltungen verbessern nicht nur die Lernfähigkeit der Studierenden, sondern auch die allgemeine Stimmung, die Inklusion und das Gefühl der Einbeziehung an der Veranstaltung. Eine höhere Beteiligung erhöht die Lerneffizienz, sowohl während als auch nach der Veranstaltung. Digital interaktive Übungen sind keinesfalls als Konkurrenz zu herkömmlichen Übungen anzusehen. Vielmehr sind sie eine wertvolle zusätzliche Hilfe in der Lernphase. Gut gelernte Konzepte können dadurch besser angewendet werden, zum Beispiel in einer späteren Fallbearbeitung.

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Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg, Deutschland
Zitiervorschlag
Vuattoux-Bock, Die Benutzung interaktiver Anwendungen in Präsenzveranstaltungen – Bericht eines Anfangs, RECHTS|EMPIRIE, 15.09.2023, DOI: 10.25527/re.2023.13